Es gibt Bücher zum Vorlesen für die Kinder, am Abend, bei denen man selbst am liebsten einfach nur einschlafen möchte. Und es gibt Bücher zum Vorlesen, um die prügeln sich feilschen Mama und Papa. Beide wollen unbedingt, die Kinder gucken mit großen Augen und der, der jetzt den Kürzeren zieht, wird später, wenn die Kinder längst selig schlafen, die vorgelesenen Seiten gierig nachlesen. Das Buch mit dem herrlichen Titel Die unglaubliche Geschichte von der Riesen-Birne von Jakob Martin Strid, erschienen im Boje Verlag (gehört zu Lübbe, das sind die mit Dan Brown), ist so ein Buch.
Abenteuergeschichte, Cartoon, Satire, Kinderbuch – bitte vorlesen!
Was macht das Buch so toll, in unseren Augen? Zunächst hebt es sich in Umfang (112 Seiten), Form (23 x 2,5 x 30 cm) und Inhalt deutlich vom Mainstream in den Kinderecken der Buchläden ab, also von Büchern wie Lieselotte (Alexander Steffensmeier) oder Grüffelo (Axel Scheffler). Die finden wir auch klasse (also die Kinder und wir Eltern), aber Strid erinnert in seinem Stil eher an Scarry, und der ist eben auch Kult – seit Jahrzehnten, aber dazu gleich mehr.
Der Illustrator Jakob Marting Strid, der in Dänemark lebt und etwa mein Jahrgang ist, ist dort ein bekannter Cartoonist und Karikaturist. Dass er aus diesem Metier kommt, sieht man seinen Zeichnungen an. Sie wirken handgemachter, klassischer, aquarelliert, nicht mit Photoshop ewig nachbearbeitet, dadurch irgendwie frecher. Der Zeichenstil erinnert, und auch die Art des Textens, an Richard Scarry. So wie bei jenem großartigen Illustrator gibt es auch in Die unglaubliche Geschichte von der Riesen-Birne neben dem eigentlichen Plot bei Strid Erläuterungen und Erklärungen der Umgebung, etwa ein Querschnitt von „Odysseus Karlsens mechanischem Seedrachen“ (was das jetzt ist, verrate ich euch natürlich nicht).
Mika und Sebastian, Odysseus und Jules Vernes
Die Protagonisten im Buch sind u.a. der Kater Mika und der Elefant Sebastian. Eines Tages finden sie eine Flaschenpost mit einem Samenkorn, den sie in ihrem Garten einpflanzen. Über Nacht wächst aus diesem eine Riesenbirne. Da sich die Birne nicht wegbewegen lässt, höhlen sie sie aus, und die Abenteuerreise beginnt. Denn durch durch ein Missgeschick setzt sich der Anhänger, auf den die Freunde die ausgehöhlte Birne gehievt haben, in Bewegung und rumpelt mit viel Getöse den Berg hinab. Mit einem Riesenplatsch landet sie im Meer! Und dann nimmt die Geschichte erst so richtig Fahrt auf.
Dabei nimmt der Illustrator diverse Anleihen an klassischen Motiven aus der Literatur und Sagenwelt. Da ist einiges an Witz dabei, den wohl nur die Eltern verstehen. Die Kinder aber fiebern von Kapitel zu Kapitel der Auflösung und dem Ende der Geschichte entgegen, so spannend und vielfältig sind die zahlreichen Abenteuer. Deswegen kommt Strid auch auf die 112 Seiten! (Und wir waren enttäuscht, dass es nicht weiterging.)
Odysseus und Jules Vernes lassen grüßen. Somit ist das Buch wirklich etwas für Groß und Klein. Bei uns sitzen alle vier Kids gebannt um den Vorleser, sogar die 1,5-Jährige. Sagen wir also, das Buch ist ab 2 Jahre. Bis 99 oder so. Ach ja, es kostet neu 16,99 EUR und kann überall im Buchhandel bestellt und erworben werden.
Meine Empfehlung: dringend (vor)lesen!